CO2-Steuer

CLUB OF ROME Deutschland Mitgliederzum Klimapaket und der CO2-Steuer

1,4 Millionen Menschen haben in Deutschland für Klimaschutz demonstriert. Am selben Tag wird das Klimapaket der Bundesregierung vorgestellt. ​Was sagen Mitglieder und assoziierte der Deutschen Gesellschaft CLUB OF ROME zu dem Klimapaket und den einzelnen Maßnahmen?

Zum Klimapaket und der CO2-Steuer...

Prof. Mojib Latif

“Fast eine Nullnummer”

Mein Urteil fällt vernichtend aus. Also das ist weit hinter dem zurückgeblieben, was ich mir vorgestellt habe. Man muss es so deutlich sagen: Das ist fast eine Nullnummer. So rettet man das Klima nicht. Denn wir haben praktisch keine Zeit mehr zu verlieren, wir haben das Klimaproblem seit Jahrzehnten ignoriert. Wir verharren in alten Denkmustern, und das wird uns letztlich in Deutschland unseren Wohlstand kosten.


Prof. Claudia Kemfert

“Wir brauchen Preiswahrheit”

Eine vernünftige – und vor allem ehrliche! – CO2-Bepreisung ist dringend geboten. Dabei ist egal, ob sie CO2-Steuer oder CO2-Abgabe, Klima-Soli oder Klima-Kostenerstattung heißt. Mit unterschiedlichen Namen gibt es sie schon in anderen Industrieländern, und sie hat weder in der Schweiz, in Kanada noch in Großbritannien zum wirtschaftlichen Untergang geführt.

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Es ist an der Zeit, endlich die Suppe einer verfehlten Politik auszulöffeln. Allerdings muss man der Öffentlichkeit dabei endlich reinen Wein einschenken. Denn die CO2-Bepreisung ist keine steuerpolitische Melkmaschine, sondern eine längst überfällige Steuer-Wahrheit, bei dem Klimaschutz den Stellenwert bekommt, den er längst haben sollte: Es geht darum klimakostengerecht fossile Energien teuer und nachhaltige Energien billig zu machen. Diese neue Preiswahrheit wird eher für die Besserverdienenden spürbar, entlastet aber vor allem Geringverdiener. Deswegen sollte man möglichst schnell damit beginnen, den Menschen das Geld zurückzugeben, das ihnen jahrzehntelang heimlich zum Erhalt der fossilen Strukturen aus den Taschen gezogen wurde.
Eine kluge Klimaprämie wird sich auszahlen, in jeglicher Hinsicht. Statt über Begrifflichkeiten zu streiten, brauchen wir eine radikale Preiswahrheit, und dies so schnell wie möglich! Lesen Sie die gesamte Stellungnahme in Capital.

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Dr. J. Daniel Dahm

“Die aktuelle Debatte zu einer CO2-Steuer ist kontraproduktiv”

Wir wissen, dass es nicht primär der Treibhauseffekt ist, der die Integrität unserer Ökosysteme und Lebensgrundlagen gefährdet. Nicht geht es an erster Stelle um CO2 und KWh, sondern um ökologische und biologische Diversität, funktional wie genetisch, um Böden und Landschaften, um Wassersysteme und die Nahrungsketten. Dennoch fokussiert sich die Diskussion auf CO2 und Energie, weil diese so einfach zu quantifizieren und in den bestehenden ökonomischen Status Quo integrierbar.

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Richtig wäre es, zur Erreichung einer nachhaltigen (lebensdienlichen) Wirtschaftspraxis, Marktmechanismen zu nutzen durch eine grundlegende Umgestaltung der Logik des marktlichen Wettbewerbs, so, dass sich Substanzaufbau an der Natur, an ihrer Vielfalt und den Ökosystemen als unternehmerischer Vorteil am Markt äußert. Dies ist möglich u.a. über Wettbewerbsrecht und die Verpflichtung zum Ausgleich von Externalisierungen in Natur, Nahrungsketten, Wassersysteme, inklusive Treibhausgase. Um dieses zu erreichen, braucht es eine Anpassung der Gesetzgebung und der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen für die ökonomische Praxis. Demgegenüber ist die aktuelle Debatte zu einer CO2-Steuer völlig kontraproduktiv.
Mit der CO2-Steuer wird der Fokus eindimensional auf Klimagase gelegt, obwohl es die Landschaften, Ökosysteme, Böden, biochemischen Kreisläufe und Gewässer sind, die primär unsere Zukunft bedrohen (siehe Planetary Boundaries/Rockström u.a.). Dadurch wird der politische Entwicklungspfad eindimensional eingeschränkt und eine nachträgliche Erweiterung wäre politisch sicherlich nur schwer durchzusetzen. Vor allem aber wäre der öffentlich-mediale Kollateralschaden kaum gutzumachen.
Die CO2-Steuer-Debatte verstärkt die Fehlannahme, die ökologische Krise sei allein durch CO2-Einsparung oder Ausgleich aufzufangen. Sie maskiert die Absurditäten, die mit unserer Wirtschaftsweise verbunden sind, nämlich, dass wir die Unternehmen im Wettbewerb fördern, die Schaden externalisieren und kommenden Generationen und anderen geographischen Regionen der Erde aufbürden, während jene, die Nutzen auslagern, mit geringeren Profiten und einer niedrigeren Unternehmensbewertung bestraft werden.
Das würde auch mit einem „Treibhausbudget“ nicht besser.
Mit ordnungspolitisch geschaffenen Marktmechanismen, die direkt in die unternehmerische Praxis wirken, würde viel schneller und sanfter viel mehr erreicht.
Lesen SIe mehr zu dieser Position in einem Beitrag zu den Toblacher Gesprächen.

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Prof. Franz-Josef Radermacher

“CO2-Steuer löst nicht das Problem”

Die energieintensiven Teile der EU-Ökonomie operieren bereits heute im Rahmen eines Zertifikatesystems, dem sogenannten Cap and Trade System. Die Preise pro Tonne CO2 lägen aktuell bei etwa 25 Euro, das entspräche dem, was in den Medien häufig für die Steuer diskutiert werde. „Das Cap and Trade System wirkt zielgerichteter als eine Steuer“.

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Ein weiteres Argument, das gegen die CO2-Steuer spricht, liegt in der Lokalität der Maßnahme. Denn der Klimawandel ist ein globales, lokal nicht zu begrenzendes Problem. Mögen wir in Europa eine entsprechende Steuer einführen, hilft dies trotzdem nicht gegen die zu erwartenden CO2-Zuwächse in den Entwicklungs- und Schwellenländern – denn diese sind um ein Mehrfaches größer als die Gesamtemissionen in Europa. „Offenbar kann eine zusätzliche Steuer auf CO2 in Europa, die möglicherweise auch noch nach sozialen Kriterien an die Bürger zurückgegeben werden soll, wenig zur Lösung der eigentlichen Probleme beitragen“, sagt Radermacher.
„Wir sollten in Deutschland endlich beginnen, uns für globale Ansätze im Klimaschutz zu engagieren“. Dazu gehören hochwertige, internationale Kompensationsprojekte, die insbesondere CO2 wieder aus der Atmosphäre herausholen, etwa über massive Aufforstung und über Humusbildung in der Landwirtschaft. Auch sollten wir substantielle Finanzmittel zum Erhalt der Regenwälder aufbringen. „Aber auch die Nutzung synthetischer Kraftstoffe im Rahmen einer Methanolökonomie, etwa in enger Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika, halte ich für eine gute Möglichkeit um langfristig Erfolge erzielen zu können.“
Lesen Sie die gesamte Position im Murmann Magazin.

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Dr. Martin Stuchtey

“CO2-Steuer wird eine Wiedergeburt einleiten”

Die Stärke der deutschen Industrie besteht in der Bewältigung komplexer Herausforderungen, insbesondere bei der Strukturierung industrieller Kreisläufe. Systemisches Denken, Wertschöpfungs- kooperation, Anwendungsorientierung – auf diesen Feldern ist Deutschland stark. ,…,Auf der Basis dieser Wettbewerbsvorteile kann und muss nun eine kohlenstoffarme Industrie entstehen, deren Produktivität und Wachstum sich auch danach bemisst, wie viel Wohlstand pro Tonne emittiertes CO2 sie generiert.

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Damit uns die Transformation gelingt, müssen wir mutig die Voraussetzungen schaffen. Das erfordert politischen Willen und politische Führung – und ein geeignetes Instrumentarium.
Das Instrumentarium der Wahl ist eine Klimasteuer. Nur so lässt sich zügig ein stabiler, langfristig orientierter
Investitionsrahmen schaffen; nur so lassen sich systematisch Anreize zur Senkung des CO2-Ausstoßes setzen.
Der Vorwurf, dabei handle es sich nicht um eine marktwirtschaftliche Lösung, zieht nicht: Die Steuer bildete einen Ordnungsrahmen. Genauso wenig wie der Vorwurf, eine CO2-Steuer setze nicht bei den zu reduzierenden Mengen, sondern bei den Preisen an: Die Steuer reduzierte über den Preis natürlich auch die Menge. Auch die Behauptung, nationale oder europäische Alleingänge seien unmöglich, ist nicht belegbar. ,…,

Was wissen wir über die Wirkung eines solchen Steuerungsinstruments? Erstens, dass es den Wohlstand von Ländern wie der Schweiz oder Schweden – Industrieländer mit ei- ner starken Exportwirtschaft – nicht gemindert hat. Zweitens belegen Studien, dass die vermuteten Kosten von Umweltauflagen oder -abgaben in der Rückbetrachtung oft um ein Vielfaches geringer waren als von manchen panisch argumentierenden Wirtschaftsverbänden prognostiziert; In den meisten Fällen sind sie messbar positiv. Drittens scheut die Wirtschaft nicht Abgaben, sondern Unberechenbarkeit. ,…,
Die Befürworter der Alternative „Emissionshandel“ übersehen, dass auch ein ausgeweiteter Handel nur einen Teil der Emissionen um fasst, dass der Emissionshandel eine langwierige, europaweit problematische Einigung erfordert – und dass eine Steuer in einem zukünftigen Handelssystem verrechnet werden könnte. ,..,
Den Widersachern der CO2-Steuer fehlt sowohl der Mut, die neuen Realitäten anzuerkennen, als auch die gestalterische Kraft, eine sozial ausgeglichene Klimasteuer nach dem Schweizer Modell zu entwickeln. Stattdessen verstecken sie sich hinter dem herbeigeraunten Risiko eines Gelbwesten-Protestes, protegieren Alttechnologien wie den Diesel – und schaffen somit die Ruhrgebiete von morgen. Die gesasamte Position im Manager Magazin (paywall).

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Dr. Petra Künkel

“CO2-Steuer muss kommen – aber sie ist nicht die Lösung aller Probleme”

Die Co2 Steuer muss kommen, denn sie ist ein erster Schritt in die Richtung einer marktbasierten Regulierung dessen, was wir alle brauchen – ein Klima, in dem wir leben, arbeiten und wirtschaften können. Wer aber denkt, sie ist eine Lösung, ist kurzsichtig.

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Zum einen braucht sie zahlreiche begleitende Maßnahmen, die sicherstellen, dass weder die ländlichen Gebiete zu Mobilität oder Energieeffizienz ins Abseits geraten, noch Unternehmen geschickte Umgehungsstrategien entwickeln. Zum anderen muss allen Entscheidern klar sein, dass eine Steuer auf die Produktion eines Stoffes, von dem man nicht zu viel haben will, nicht das bieten kann, was essentiell ist – ein komplettes Umdenken der Wirtschaft. Der Markt regelt einiges, aber er kann nur genau so viel regeln, wie er einen vorgegebenen Rahmen hat. Selbstorganisation braucht Orientierungen und verpflichtende Vereinbarungen, damit sie funktionieren kann.
Der Rahmen für wirtschaftliches Handeln, so wie er heute weltweit, und nicht nur in Deutschland gesetzt ist, verträgt sich nicht mit der Zukunft. Dies hat er noch nie getan, aber heute wird es z.B. beim Klimawandel und beim Bienensterben mehr und mehr sichtbar. Wir untergraben die Unterstützungssystem planetaren Lebens – also auch unser eigenes. Was als neoliberales Narrativ nicht nur von der Mont Pelerin Society, sondern später durch das Powell Memorandum in den USA alle weltweiten Wirtschaftssysteme in den Bann gezogen hat, ließ eine entscheidende Rahmenbedingung außer Acht – die diffizile Balance des planetaren Systems und die Begrenztheit der Ressourcen.
Ein zukünftiger Rahmen für Wirtschaft muss ein regeneratives System als Modell nehmen. Dafür ist eine Co2 Steuer nur ein sehr kleiner Schritt. Regulierungen und Maßnahmen für nachhaltige Ressourcenallokation sind außerordentlich wichtig und wir müssen sie weiter ausbauen. Sie sind jedoch nur ein Teil der Maßnahmen, die uns in die Transformation bringen. Das Zusammenspiel ist mit anderen Aspekten ist entscheidend: wir brauchen ein neues Narrativ der Moderne, müssen Innovationen konsequent an Nachhaltigkeit ausrichten, globale und gesellschaftliche Governance-Systeme konstruieren, Unternehmen umbauen, sodass sie konsequent zur Funktionalität sozialer und natürlicher Systeme beitrderagen und Messinstrumente entwickeln, die Staat und Wirtschaft daran messen, wie sehr sie zum Leben und zur Zukunft beitragen. Lesen Sie mehr über „Transformations to Sustainability“ hier.

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