IPCC Bericht

Was spendet uns Hoffnung und macht Mut?

“Rechtzeitiger Klimaschutz ist der ultimative Intelligenztest der Spezies Mensch”,
Gerhard Knies (+), Mitglied der Deutschen Gesellschaft Club of Rome. Der jüngste IPCC Bericht lässt vermuten, dass wir diesen Test nicht bestehen werden.

Was spendet den Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft Club of Rome und ihres jungen Think Tank 30 (tt30) Hoffnung und Zuversicht? Was macht Mut sich weiterhin für eine zukunftsfähige Entwicklung und lebensfördernde Zukunft einzusetzen?

Perspektiven aus der Deutschen Gesellschaft Club of Rome & des tt30

Fanja Pon, Landwirtin & Unternehmerin

Mir gibt Mut, dass ich viele Menschen -junge und ältere- treffe, die sich selbst und auch mir oft einen Spiegel vorhalten und mich dazu anregen, mein „normal“ neu zu überdenken und neue Wege zu gehen. Und ich habe auch Lust sie zu gehen.


Dr. Thomas Bruhn, Physiker & Forschungsgruppenleiter am IASS

Hoffnung scheint mir einfach grundsätzlich innezuwohnen, genährt vielleicht einfach aus meinem Vertrauen in den Lauf der Schöpfung. Ich erlebe mich als Teil eines Evolutionsprozesses, den ich als sinnhaft empfinde, selbst da, wo ich ihn nicht begreifen kann. Es schmerzt und schaudert mich mitzuerleben, wie viel Leid die Menschheit trotz weitreichendem Wissen wohl nicht verhindern kann. Und gleichzeitig möchte ich glauben, dass auch dieser Erfahrungsprozess wertvoll sein wird für den Weg des Lebens. Solange ich bewusst und bei Kräften bin, möchte ich leben und mich einbringen für die Werte, die mich erfüllen. Darin allein scheint mir Sinn zu liegen. Insofern möchte ich gerne mit den Worten von Vaclav Havel antworten, der sagte: „Hoffnung ist nicht die Gewissheit, dass etwas gut ausgeht, sondern die Überzeugung, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.


Jörg Geier, Strategieberater & Speaker

Es ist allzu leicht, sich der vermeintlichen Abwärtsspirale aus Negativnachrichten hinzugeben – und sich nicht zuletzt dadurch von jeglicher Verantwortung loszusagen. Dennoch obliegt es jedem Einzelnen von uns, für eine bessere Welt einzustehen und uns zusammen mit Gleichgesinnten Gehör zu verschaffen. So lange mich die Natur täglich mit ihrer Schönheit begrüßt, sehe ich Sinn und Hoffnung darin, eben genau dafür meine Stimme zu erheben.


Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Naturwissenschaftler

Für die deutschen Anstrengungen zur Klimawende bin ich optimistisch. Was ich jedoch fürchte ist, dass wir Deutschen damit zufrieden sind. Wir müssen uns Angebote und Maßnahmen ausdenken, die die Entwicklungsländer veranlassen, ihre Wohlstandsentwicklung endlich klimafreundlich fortzusetzen. Z.B. Entwicklungshilfe verdoppeln, dafür aber an die Bedingung knüpfen, dass sich die ökologischen Fußabdrücke der Empfängerländer messbar verkleinern.


Uli Mayer-Johanssen, Designerin & Markenspezialistin

Hoffnung keimt

Der Bericht des Weltklimarates, durchgeführt im Auftrag der knapp 200 UN – Staaten, unterstreicht noch einmal zweifelsfrei, dass sich die Atmosphäre, Ozeane und das Land durch den Einfluss des Menschen aufgewärmt haben. Mehr als 230 Autoren haben rund 14.000 wissenschaftliche Studien zur Klimaforschung der vergangenen Jahre analysiert.

Klimaleugner werden es immer schwerer haben Zweifel zu streuen an dem, was offensichtlich ist. Der Mensch kann abwenden, was er verursacht hat. Dürre-, Brand- und Flutkatastrophen sind kein unabwendbares Schicksal. Gier, Raubbau und Zerstörung überlebenswichtiger Ressourcen zeigen ihr wahres Gesicht:
Gnadenloser Egoismus. Hoffnung keimt wie erstes Grün in ausgebrannten Wäldern.

„Wo aber Gefahr ist, wächst
Das Rettende auch.“

Hölderlin, der Stunden, ja tagelange Wanderungen auf sich nahm, um seiner Geliebten und Freunden nah zu sein, liebte es, durch Wälder und Flur zu streifen, um sich und der Welt zu begegnen. Möge das Rettende und unsere Zuversicht auch in dieser Gefahr wachsen.


Fabian Brandt, Fotograf & GF Kommunikationsagentur

Beim Thema Hoffnung möchte ich gern Dennis Meadows, einen der Autoren der “Grenzen des Wachstums” zitieren: “I’m a pessimist of the mind, but an optimist of the heart.” Damit ist eigentlich alles gesagt. Denn auch wenn der Pessimismus gerechtfertigt ist, hilft er uns nicht weiter. Nur zielgerichteter Optimismus, positive Leitbilder und Utopien sind es, die uns jetzt noch helfen können. Nun müssen wir alle, und allen voran die Politik (!) diese positiven Bilder einer nachhaltigen Gesellschaft endlich konkret entwerfen, vermitteln und verwirklichen. Den meisten fehlt leider dieser verrückte Mut zum Optimismus. Es scheint, Hoffnungs- und Phantasielosigkeit lähmt gerade jene, die es im großen Stile ändern könnten.


Hans Rusinek, Publizist & Unternehmensberater (tt30 Mitglied)

Hoffnung ist die Alternative zu der Gewissheit, die Optimisten und Pessimisten gleichermaßen ausdrücken. Für Optimisten wendet sich alles zum Guten ganz ohne deren Zutun; Pessimisten nehmen die gegenteilige Haltung ein – beide haben so eine Entschuldigung, nicht selber aktiv zu werden, wie Rebecca Solnit schreibt. Ich habe Hoffnung, weil ich stattdessen Realist sein möchte. Weil viele aktiv sind und wir immer mehr werden. Weil die Geschichte eben ohne unser Zutun noch nicht mit Gewissheit zu Ende erzählt ist.


Maya Consentino, Ärztin (tt30 Mitglied)

I find hope in our ability to purposefully and compassionately build resilient communities that inspire sustainable relationships and practices, personal growth, and gratitude.


Peter Schwarzenbauer, ehm. Vorstand BMW Group

Es macht mir Hoffnung, dass wir bald den Tipping Point erreicht haben und dann die notwendigen Veränderungen deutlich schneller umgesetzt werden oder in Kurzform könnte man auch sagen, dass die notwendigen Veränderungen jetzt Mainstream werden.


Dr. Daniel Dahm, Naturwissenschaftler & Unternehmer

Als Menschen haben wir die Möglichkeit, ein zukunftsstärkendes Zusammenspiel mit dem lebendig durchwirkten planetaren Lebensraum zu entfalten, der unser Zuhause ist. Zukunftsfähigkeit vereint den Schutz, die Integrität und die Stabilisierung unserer Lebensgrundlagen und der lebendigen Vielfalt der Evolution mit uns Menschen. Um Zukunft für uns lebensdienlich zu gestalten, ist ein (Wieder-)Aufbau, die Regeneration des Lebendigen, notwendig. Es ist die Zeit des Aufstiegs und der Realisierung einer regenerativen Ökonomie mit ihren kulturellen Grundlagen. All jene, die heute mit Herz und Verstand andere, transformative Zukunftsvisionen und Entwicklungspfade einfordern, machen mir Hoffnung, denn sie orientieren sich an den Prinzipien einer ökologisch und kulturell lebendigen Welt, deren 3,8 Milliarden Jahre evolutionäres Spiel uns zeigt, wie sich Vielfalt und Unterschiedlichkeit in dynamischer Balance entfalten kann.

(Im Rahmen des ZEIT Gespräch | 4. Forum Anthropozän zum Thema “Hoffnung. Die Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen”)


Boris Lebedev, Berater & Mitgründer Tiny Pop Up Villages

Mir gibt Hoffnung, dass wir alles Haben um ein gutes Leben führen. Zum Beispiel sendet uns die Sonne in 1,5 Stunden die gesamte Energie, die wir als Menschheit jährlich benötigen. Es gibt zukunftsfähige Lösungen, wir haben keine Zeit mehr uns im Weg zu stehen.


Prof. Dr. Franz Josef Radermacher, Vorstand FAW/n

Der Satz von Herrn Knies, dem „Vater“ von Desertec, ist richtig und falsch zugleich.

Wäre die Menschheit ein intelligenter Superorganismus, hätte Sie es nie zu dem Punkt kommen lassen, an dem wir heute stehen. Wir sind aber kein intelligenter Superorganismus. Wir sind ein lose gekoppeltes System von etwa 200 souveränen Staaten, vielen 100 Millionen Organisationen und Unternehmen und bald 8 Milliarden Individuen.

Die Parteien in Deutschland sind im Wesentlichen mit zukünftigen Wahlerfolgen beschäftigt, völkerrechtlich streiten wir uns über die Anwendung des internationalen Seerechts vor den Küsten der Krim. Marokko kommuniziert zurzeit wegen Status-Fragen bezüglich der Westsahara offiziell nicht m Vertretern Deutschlands. In Äthiopien tobt erneut ein Bürgerkrieg.

Diese Prozesse binden sehr viele Kräfte. Das Klimathema kommt dabei gar nicht vor. Geht man tiefer in die Klimathematik, wird klar, dass an ganz vielen Stellen Änderungen erforderlich sind, die das Leben von hunderten Millionen Akteuren unmittelbar tangieren. Überall wird es Gewinner und Verlierer geben und ganz viele Trittbrettfahrer und „Kriegsgewinnler“.

Wesentliche Trade-offs sind intertemporaler Natur, d.h., einem späteren Nutzen (für wen?) stehen große Verluste zum jetzigen Zeitpunkt gegenüber. Die Situation wird erschwert durch massive Gerechtigkeitsfragen zwischen Nord und Süd und ganz unterschiedlichen Vorstellungen darüber, wie Lösungen aussehen können.

Gerade in Deutschland werden im Klimadiskurs absurde Positionen vertreten, die sich aber für bestimmte Akteure im politischen Bereich und aus der Wirtschaft auszahlen. Deutschland adressiert die Weltklimafrage fast ausschließlich in Deutschland. Herr Knies wäre sicher verzweifelt gewesen, hätte er miterleben müssen, wie die deutsche Seite mit dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz ein nichttarifäres Handelshindernis im Bereich von grünem Strom etabliert hat, das rein ökonomisch Importe von grünem Strom aus Nordafrika verunmöglicht hat. Und diese Fehlorientierung setzt sich heute fort, bis hin zu einer blinden „Konzentration“ auf batterieelektrische Lösungen im Verkehr und der Vorstellung, grüner Wasserstoff sei der Champagner der Energiewende.

Gibt es Hoffnung?

Sicher nicht von Seiten der in Deutschland vertretenen Philosophie. International vielleicht, aber dann ganz anders als in Deutschland und sicher stärker in Richtung von Herrn Knies.


Estelle Herlyn, Leiterin KompetenzCentrum für Nachhaltige Entwicklung, FOM Hochschule

Hoffnung kommt für mich alleine aus der Tatsache, dass es Menschen und Organisationen gibt, die den Klimawandel als das angehen, was er ist – eine nur global und in Kooperation zu bewältigende Herausforderung. Die breite Masse ist auf einem völlig falschen Pfad, der u.a. aufgrund der Logik des Pariser Klimaschutzabkommens eingeschlagen wurde: Klimaschutz als nationale Aufgabe. Im schlimmsten Fall wird internationales Engagement als Freikauf (von den heimischen Aufgaben) oder Ablasshandel bezeichnet. Wenn diese Sichtweise nicht sehr schnell aus der Welt geschaffen wird, werden wir mit Sicherheit vor die Wand fahren.

Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller wird in 2022 die Leitung der UN-Organisation UNIDO übernehmen. Dort kann er etwas in die richtige Richtung bewegen – internationalen Technologietransfer im Bereich erneuerbarer Energien, innovativer Lösungen im Bereich natur-basierter Lösungen, aber auch des technischen CO2-Recycling.


Anna Katharina Meyer, Politologin, Gründerin Finding Sustainia

All das Wissen, all die Instrumente, all die wunderbaren Menschen, die sich für Klimaschutz und den Schutz unserer Lebensgrundlagen einsetzen,… all das haben wir in der Hand. Trotzdem scheinen die Beharrungskräfte, die sich uns entgegen stellen manchmal schier unüberwindbar. Mein Sohn sagte letztens: „Aber Mama, irgendwann muss doch die Welt auch mal zu Ende sein.“ Wollen wir das akzeptieren? Oder wollen wir unsere Systeme (von Agrar- bis Finanzsystem) so umgestalten, dass wir auch zukünftig als Menschen noch gut (zusammen) leben können? Aktuell scheint es, als hätten nur noch WIR diese Wahl. Ich setze mich mit aller Kraft für ein Wahlrecht zukünftiger Generationen ein.

Informiert bleiben

Immer auf dem Laufenden.Abonnieren Sie hier unseren Newsletter.